Der dreiseitige Fußball - ein Titelspiel

Der dreiseitige Fußball – ein Titelspiel

Ausstellungseröffnung in der Galerie der Stadt Schwaz am 9.11.2013

4 Künstler zeigen dazu ihre Arbeiten.

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Sehr geehrte Damen und Herren!

Ich darf Sie hier in Schwaz, in der Galerie der Stadt herzlich begrüßen!
In der Einladung zur heutigen Vernissage, die im übrigen ungewohnt üppig und opulent ausgefallen ist, in dieser Einladung also, ist vom Dreiseitigen Fußball die Rede.
Ein erster Gedanken führt zurück zu längst vergangenen GZ-Stunden – da  lernten wir:
Ein Fußball ist ein Polyeder – er besteht aus 12 Fünfecken und 20 Sechsecken, zusammen sind das 60 Ecken und 90 Kanten, daraus lässt sich wiederum schließen, dass ein Fußball 32 Seiten hat.
Dreiseitige Fußbälle per se, werden wohl eher im österreichischen Fußball Verwendung finden.

Ein tieferer Blick führt allerdings zum Dreiseitigen Fußballfeld – und zu dem auf diesem Feld betriebenen Sport – den gibt es tatsächlich.

Ausgetragen wird das Spiel auf einem sechseckigen Feld. Anders als beim konventionellem Fußball, bei dem die Gewinnermannschaft anhand der meistgeschossenen Tore ermittelt wird, werden beim Dreiseitigen Fußball umgekehrt die ins eigene Tor eingelassenen Bälle gezählt. Es gewinnt daher jene Mannschaft, die dem Gegner die wenigsten Tore zugesteht. Dieser Spielweise gelingt es, die konfrontale, bipolare Natur des konventionellen Fußballs als eine Analogie des Klassenkamps aufzulösen, in welcher der Schiedsrichter als Vertreter des Staats- und Medienapparates steht, und ihn als neutralen Vermittler des im politischen Prozess weiterlaufenden Klassenkampfes auftreten zu lassen.

Damit sind wir beim Konzept.
Beim Konzept des Künstlers und Philosophen Asger Jorn.
Und allein das Vorwort zum Regelwerk zergeht einem auf der Zunge:
Ich zitiere aus dem Regelwerk der Gruppe Sous les paves:
Die Regeln des 3-Seiten-Fußballspieles
in ihrer Auslegung durch die Luther Blissett 3-sided Football League, wie niedergelegt von der Association of Autonomous Astronauts, interpretiert und ergänzt um die einfache Konstruktion eines Spielfeldes durch die Gruppe sous les pavés
Das Dritte Element
3-Seiten-Fußball sollte demonstrieren, wie die Einführung eines dritten Elements in ein binär-duales System, jenes neutralisiert, was Jorn als den „unvermeidbaren, schädlichen Effekt einer antagonistischen Polarität“ betrachtete. 3-Seiten-Fußball war für ihn also vor allem ein theoretisches Beispiel für eine Kritik an der Logik der Denkfigur der Dualität.

Dabei gesteht Jorn, den wilden 68ern sei Dank, dem Spielfeld auch eine psychosexuelle Dimension zu:
Asger Jorn betrachtete die Struktur des 3-Seiten-Fußballs aber nicht nur als eine Analogie auf dem Klassenkampf, sondern auch noch aus einer progressiv psychoanalytischen Perspektive: So gesehen löse die dreiseitige Variante gleichermaßen das dem klassischen Fußball immanente psychosexuelle Drama des „fickenden“ (aktiv) und „gefickten“ (passiv) auf – denn mit einer dritten Partei werden die Möglichkeiten mannigfaltig!
Eine psychotische Dimension, liebe Eva Maria, wenn auch keine sexuelle, hat in ganz besonderer Weise jede Ausstellungseröffnung mit dir.
Dafür möchte ich dir ganz herzlich danken, für deine Arbeit hier in der Galerie, für die Künstlerinnen und Künstler, für uns Besucher.
Damit möchte ich dich bitten den 32seitigen Ball anzustoßen und in das dreiseitige Feld zu schießen.
Vielen Dank!
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